Corona, Bund und Länder

Föderalismus ist gut, hat aber seine Grenzen.

Es gibt keine Länderhoheit für Evidenz, Kompetenz, Intelligenz oder Kreativität.

Wissenschaftliche Evidenz ist bundeseinheitlich. Fakten und Methodik sollten auf Bundesebene zusammengeführt und verfügbar gemacht werden. Etwa in einer Nationalen Pandemie-Taskforce. Erst die regionale Umsetzung liegt in der Verantwortung der Bundesländer. Das ist schwierig genug.

Ein Wort zur oft gehörten Begründung für suboptimale Entwicklungen:
Das ist alles neu!  und  Wir müssen alle lernen.

Das ist nicht ganz richtig. Nicht alles ist neu!

Neu sind das Virus und seine Eigenschaften.

Bekannt sind die Methoden, wie man mit solchen Situationen umgeht.

Richtig ist aber, dass wir alle lernen müssen: Bekanntes wahrzunehmen, Erprobtes umzusetzen und jenseits von politisch Trennendem besser zusammenzuarbeiten, zumindest in solch bedrohlichen Krisen.

Seit fast 20 Jahren finden einschlägige Übungen zur Bewältigung unterschiedlicher Pandemien statt. Es gibt mehrere inhaltsreiche Berichte an den Bundestag und – last but not least – einen Nationalen Pandemieplan zusammen mit Erläuterungen und wissenschaftlichen Begründungen. Eine wahre Fundgrube. Man müsste die Vorschläge nur konsequent anwenden.

Das Robert-Koch-Institut hat den Nationalen Pandemieplan sogar im März 2020 überarbeitet. Wichtige Hinweise wurden allerdings immer noch nicht umgesetzt. Klare Verantwortlichkeiten beschreibt eigentlich die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Koordinierung des Infektionsschutzes in epidemisch bedeutsamen Fällen (Verwaltungsvorschrift-IfSG-Koordinierung – IfSGKoordinierungs-VwV). Sie wurde bereits am 12. Dezember 2013 von Minister Bahr und Bundeskanzlerin Merkel unterschrieben.

Gemeinsames

Die Eigenschaften des Corona-Virus sind im ganzen Bundesgebiet identisch, selbstverständlich auch die Eigenschaften aller Mutanten. Letztere kommen nur unterschiedlich häufig vor.

Für das Krisenmanagement zur Beherrschung von Pandemien gibt es seit Jahren internationale Erfahrungen. Mehrere Pandemien sind damit in den letzten Jahrzehnten beherrscht worden. Die Anpassungen an Gegebenheiten in Deutschland sind mehrfach erfolgt. Zuletzt im Nationalen Pandemieplan in der Überarbeitung von 2020. Maßnahmen für bundeseinheitliche Interventionen und Vorgehensweisen bei der Kommunikation sind umfassend beschrieben.

Auch die Wirkung der Impfstoffe ist bundesweit genauso einheitlich wie die Methoden von Epidemiologie und Infektiologie. Auch einschlägige Verfahren zur Modellbildung und Simulation unterscheiden sich nicht.

Regionale Unterschiede

Unterschiede zwischen den Bundesländern liegen in soziodemo­grafischen, geopolitischen und wirtschaftlichen Bedingungen sowie in Verbindungen von Bürgern und Politik, um nur einige zu nennen.

Ländersache sind allerdings die Entscheidungen über wissenschaftlich begründete Handlungsalternativen und die Verantwortung für deren regionale Umsetzung. Dies ist schwierig und kompliziert genug.

Kooperation

Deshalb erscheint es sinnvoll, wenn sich Politiker auf ein Gremium aus Wissenschaftlern zahlreicher Fachrichtungen verlassen können, das sie mit eine belastbaren Evidenzbasis versorgt. Zeitnah würden sie mit verlässlichen Entscheidungsgrundlagen versorgt und könnten sich auf die politische Abwägung konzentrieren.

Bundesländer müssten keine eigenen Expertenkreise aufbauen. Medienaffine Wissenschaftler entgingen der Leimrute medialer Instrumentalisierung.

Eine

Nationale Pandemie-Taskforce

könnte ein solches Gremium  sein. Es kann Kompetenzen von Instituten wie dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) oder dem Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) einbinden und  Experten aus Infektiologie, Virologie und Epidemiologie hinzuziehen. Zusätzliche Expertise aus Wirtschaft, Soziologie und Psychologie fließen genauso ein wie die wichtigen fachübergreifenden Einlassungen aus dem Deutschen Ethikrat.

Über moderne Verfahren digitaler Meinungsbildung würden Gruppen wie Leopoldina, Robert-Koch-Institut, Paul-Ehrlich-Institut oder Deutsches Netzwerk Versorgungs­forschung zum Nutzen aller einbezogen.

Die Nationale Pandemie-Taskforce kann fachübergreifende Spezifikationen für Entwicklungen aus dem Bereich der Informationstechnik erarbeiten.